Samstag, 17. Dezember 2011

"Das Jahr geht zu Ende..."


Das erste Quartal meines Jahres in Ghana ist vorbei und auch das Jahr geht zu Ende. In letzter Zeit ging es auf und ab und natürlich ist wieder viel passiert, es gibt viel zu erzählen - nach einem Monat Pause. Aber von vorn...


Zuerst einmal habe ich das Basketballtraining intensiviert, von dem ich das letzte Mal geschrieben habe. Immer montags, mittwochs und freitags um halb sieben ging es los. Anfangs kamen noch wenige und ich spielte ein paar Mal mit. Aber innerhalb der letzten Wochen kamen immer mehr Jungs, immer mehr kamen regelmäßig und auch nur selten zu spät. Waren es am ersten Montag noch vier Jungs, waren es Mittwoch schon sechs, Freitag acht und Freitagnachmittag, da trainieren wir auch, schon über zehn.
Teilweise waren es Freitagnachmittag auch zwanzig, da die Neuntklässer morgens, wenn wir normalerweise trainieren, schon Unterricht haben und nur Freitagnachmittag Zeit haben. Mittlerweile aber habe ich einen guten Haufen Stammspieler und immer ein paar, die ab und zu kommen und mittrainieren.
Zudem kommen noch Michael und "White" und unterstützen mich beim Coaching. Leider ist unser Ball kaputt und so gab es in der letzten Zeit immer ein paar Probleme, einen guten Ball auszuleihen, bis ich an einen Neuen komme. Ich habe nämlich wieder einmal Probleme mit meiner Kreditkarte und kann mal wieder seit zwei Wochen kein Geld abheben. Aber naja. Das Training läuft auf jeden Fall gut, fast regelmäßig führe ich neue Trainingsmethoden ein, die auch oft ziemlich schnell und gut angenommen werden. Überhaupt spielen viele schon ziemlich gut. Ich bin auf jeden Fall zufrieden mit den Leistungen, auch wenn ab und zu mal einer Laufen geschickt wird, wenn er zu viel Quatsch macht oder viel zu spät kommt.

Das PQBS Basketballteam, zusammen mit Michael (links) und White (rechts) auf dem Basketballplatz von Hoops Care International im Victoria Park



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Vor ein paar Wochen ist unser Schulkiosk eingestürzt. Auf den Bildern, die ich unter der PQBS- Seite reingestellt habe, sieht man auf dem Schulhof hinten rechts zwei kleine Holzhütten. Die rechte ist die Schulkantine, die linke eine Art Kiosk, mit Wasser, Keksen, Stiften und was sonst so alles benötigt wird (oder auch nicht). Nachdem die linke Hütte schon eine Weile lang ordentlich Schieflage hatte, konnte man ihr in ihrer letzten Woche zusehen, wie sie sich immer von Tag zu Tag um ein paar Grad weiterneigte, bis sie schließlich eines Montagmorgens (nein die Verkäuferin und ihr Stand waren zuvor nicht mehr unter das Dach der Hütte zurückgekehrt) zusammenbrach. Einen Tag lang war nur noch die Ruine übrig, doch schon am nächsten Tag bauten die Schüler alles ab, trugen die Einzelteile zusammen, sortierten sie nach großen und kleinen Brettern, Wellblech zu Wellblech und so fand ich, als ich am nächsten Morgen in die Schule kam, nur noch einen frisch gefegten Platz, das Fundament der alten Hütte wieder. Der Rest war verschwunden.
Noch einen Tag später kam ein Mann, ein Bauarbeiter und begann, ziemlich zügig wie ich finde, Ziegel für den neuen Kiosk zu produzieren. Der sollte nämlich nun ordentlich und massiv gebaut werden. 
Innerhalb dieses einen Vormittags verarbeitete besagter Herr ungefähr zehn Säcke Zement à 50kg und stellte daraus in etwa 300 Zementziegel her. Er hatte nur noch einen Haufen Sand vom Strand und ein Fass Wasser, zudem eine einfache Metallform, in die er die Mischung mit der Schaufel einfüllte, dann umdrehte und fertig war ein Ziegel, mit den typischen ghanaischen Maßen (ca. 20x20x40cm), aus denen alle Gebäude gebaut werden. Auf meine Nachfrage hin erfuhr ich, dass der Sack Zement etwas mehr als zehn Cedi kostet und der
Bauarbeiter 3 Cedi bekommt - pro verarbeitetem Sack Zement (etwa 30 Ziegel). Bezahlt wird das Ganze von der P.T.A. (Partens- Teacher- Association). Seitdem ist allerdings leider nichts mehr passiert, die Ziegel trockneten ein paar Tage in der Sonne und warten nun im Sand des Schulhofes auf ihre Weiterverarbeitung. Aber wenn mal wieder Geld da sein sollte, da bin ich mir sicher, dann steht innerhalb von ein, zwei Tagen ganz plötzlich eine neues Häusschen auf dem Schulhof.

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Ende November fuhr ich nach Kumasi, um Julia abzuholen.
Seitdem haben wir kein fließendes Wasser mehr. Zudem fällt öfters mal der Strom aus, einmal waren es zwei Tage, was nicht besonders praktisch ist. Ohne Strom und folglich Licht endet der Tag früh, das Duschen mit dem Eimer morgens fällt auch eher flach, Ventilatoren schweigen, Freiwillige schwitzen - aber das schlimmste: der Kühlschrank ist ohne Strom, was ganz besonders nach dem Einkaufen ärgerlich ist. So gab es im letzten Monat zahlreiche Tage ohne Wasser, Strom und in meinem Fall auch ohne Geld.Aber ansonsten ging der Alltag weiter. Wir besuchten wieder einmal ein Fußballspiel der Dwarfs. Diesmal gegen Chelsea aus der Brong- Ahafo Region. Unentschieden.
Und das Fußballteam der PQBS spielte ebenfalls bei einem Turnier im Fußballstadion der Dwarfs mit, für das sie sich beim letzten Turnier qualifiziert hatten. 
Zusammen mit Julia war ich auch nochmal in Kakum, aber diesmal war dort ziemlich viel los, sodass man den Canopy kaum genießen konnte. Deshalb entschieden wir uns im Anschluss auch noch für den Nature Walk, bei dem wir nur zu zweit von Eric begleitet wurden, der uns viel erzählte, von den Bäumen, was daraus hergestellt wird und den Tieren, den Affen und Waldelefanten. Da wir mit dem Trotro nach Kakum gefahren waren und nicht geplant hatten, wie wir heimkommen, standen wir jedoch etwas verloren in der Gegend herum. Zwar war alles voller Reisebusse und es kamen immer wieder Trotros vorbeigerast, aber die kamen alle vom Markt in Praso und waren schon voll. Irgendwann hielt ein Shopbesitzer einfach irgendein Auto an, fragte den Fahrer, ob er uns mitnehmen könnte und so kamen wir doch noch zurück nach Cape Coast. Gemeinsam mit Fred, der in den USA Wahlkampf für Obama betreibt und nebenbei Geld damit verdient, Autos aus Stuttgart nach Ghana zu verschiffen und Deborah, eine Organisationsleiterin aus Ohio. So kann man auch mit Menschen in Kontakt kommen. Es war auf jeden Fall eine interessante Fahrt, bei der uns Fred erklärte, wie die Einreisebedingungen für ihn nach Deutschland heute aussehen und wie es vor zwanzig Jahren war.
Abends gingen Julia, Gesine, Jana, Jessica, Hannah, Jona und ich dann ins Solace und aßen und tranken dort, um bis Mitternacht zu warten. Leider verließen alle weiteren Gäste kurz vor halb Zwölf das Lokal, nur wir saßen noch dort, ausharrend, bis wir in meinen Geburtstag reinfeiern konnten. Stilecht, mit ghanaischem Tütenschnaps. Obwohl Jona mir eine Flasche Rotwein aus Argentinien geschenkt hatte.
Es war ein schöner Abend und wir saßen noch lange in die Nacht hinein zusammen im Wohnzimmer. Nur ein spektakuläres Ereignis trübte das Bild ein wenig. Als wir nachts gerade heimgehen wollten, hatte Hannah plötzlich einen Holzspieß im Fuß stecken. Von oben hatte er sich durch ihren Birkenstocksandalen in ihren Fuß gebort, was tatsächlich erschreckend und merkwürdig aussah. Zum Glück war Freddie zufällig in der Nähe und konnte sie heimfahren, auch wenn der Fuß die nächsten Tage enorm anschwoll und Hannah ihn kaum noch bewegen konnte. Samstagmorgen starteten wir mit einem entspannten Brunch, danach gings ans Meer und anschließend im nahegelegenen Hexagon Guest House in den Pool, während Hannah leider den ganzen Tag im Krankenhaus verbringen musste.
Der Sonntag lief ebenfalls entspannt ab, außer für Hannah, die entweder lag, oder aber, besonders lustig anzusehen, mit einem Plastikstuhl als Krückenersatz mit Schneckentempo durch die Wohnung schlurfte.

Sudu Stadium Cape Coast: Dwarfs vs. Chelsea

Die Rückseite des Stadions grenzt direkt an die Fosu Lagune

Eric, unser spaßiger Guide beim Nature Walk in Kakum

Mitten durch den Urwald

Eine Palmöl- Palme

Eine Kakaopflanze


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Ein besonderes Schauspiel boten mir letzten Montagmorgen in der Schule ein paar Flughunde. Zuerst dachte ich, es handelte sich um Vögel, dann aber sah ich die Flügel und wunderte mich, dass tagsüber der ganze Himmel voller Fledermäuse war. Als ich noch genauer hinsah, bemerkte ich aber die spezielle Form der Köpfe und, dass diese Tiere, die zu ungefähr zweiundert über eine Stunde lang ihre Kreise über der Schule zogen, einfach zu groß für Fledermäuse waren. Sie waren aufgeschreckt worden, aus ihren Schlafplätzen, drei Palmen hinter der Schule, vertrieben worden und flogen nun kreischend durch die Gegend. Der Himmel war voll von ihnen.
Ähnlich beeindruckend waren die Adler, als Julia und ich heute am Strand entlang aus der Stadt nach Hause liefen. Über uns kreisten mindestens 30 oder 40, teilweise nur zwei Meter über unseren Köpfe. Und sie scheuten es auch nicht, nur wenige Meter von uns entfernt ins Meer oder auf den Sand zu stürzen, um etwas leckeres zu erwischen. Das Szeanrio war durchaus furchteinflößend, da außer uns und den ziemlich großen Adlern niemand in der Nähe war und die Tiere uns sehr nahe kamen.

Aber noch einmal zurück in der Zeit. Zum letzten Wochenende, das zweite Dezemberwochenende, das einfach nur traumhaft war. Zumindest für mich. Freitag nach der Schule, genauer gesagt direkt nach dem Basketballtraining, trafen sich Hannah, Julia und ich am Trotroplatz und fuhren nach Takoradi. Dort warteten wir auf Jessica und Eline und ließen uns von Charles, Alis Fahrer, abholen. Ein Wochenende Luxuskurzurlaub stand uns bevor und es sollte meine Erwartungen mehr als erfüllen, das einzige was mich ein bisschen ärgerte, war, warum wir nicht doch die Woche zuvor, an meinem Geburtstag, hergefahren waren.
Als wir ankamen, konnten wir uns erst einmal Zimmer aussuchen. Mit richtigen, großen Betten und Klimaanlage. Meine erste Handlung an dem Abend war eine heiße Dusche. Noch nie in meinem Leben - noch nie! - habe ich mich so unglaublich sauber gefühlt. Und das beste: durch die Klimaanlagen kam ich nicht wieder ins Schwitzen! Welch ein ungewohntes Gefühl.Währenddessen waren die Mädels in der Küche beschäftigt und wir hatten ein umwerfendes Abendessen. Frikadellen, mehr als genug, mit richtigem Salat und Baguette und Cola und vor allem: Apfelsaft. Wir waren, so denke ich, alle sehr zufrieden. Den Abend rundeten wir mit Cookies und Billard ab.
Auch die Nacht in einem richtigen Bett, ohne zu schwitzen, ohne zu frieren, war unglaublich, ebenso die nächste Dusche am Morgen und das Frühstück, bestehend aus Rührei, den restlichen Frikadellen, Gurken, Baguette mit Butter und Käse. Wir waren einfach geschockt, von der Auswahl an Essen. Man musste endlich mal nicht sparen und konnte alles genießen, was man so lange vermisst hatte. Es war fantastisch. Ebenso wie unser Tagestrip nach Butre. Alis Fahrer fuhr uns nach dem Frühstück nach Butre, einem kleinen Fischerdorf neben dem bekannteren Busua. Wir fuhren etwa eine halbe Stunde von Busua aus (Busua - Butre: ca. 3km) über eine Piste durch den Busch, bis wir das wirklich sehr kleine Butre erreichten. Die Lage Butres ist wunderschön. Das Meer bildet eine Zunge ins Land, bzw. Ein Fluss, dessen Namen ich leider nicht weiß, mündet dort ins Meer und bildet eine wunderschöne Sandbucht. Über eine wackelig anmutende Brücke gelangen wir zu einem Boot, das uns für acht Cedi pro Person, gemeinsam mit Kyryll aus der Ukraine und Mohammed und seiner Famile aus dem Libanon, beide arbeiten in Takoradi für Schlumberger im Ölgeschäft, den Fluss hinauffuhr. Durch einen Mangrovenwald.
Es war ein entspannender Ausflug, sich über den Fluss treiben zu lassen, die Fischer (vor allem Kinder), Krabben und Vögel in den Mangroven zu beobachten. Nach einer Stunde ließen wir es uns zurück in Butre nicht nehmen, noch einmal dort ins Meer zu rennen, bevor wir uns von Charles zurück nach Takoradi bringen ließen. Dort fuhr er uns zu einem der Häuser, die Ali für seine Firma dort renoviert und vermietet.
In diesem Fall an Tyler aus den USA. Dort nutzten wir den Pool, um ein paar runden zu schwimmen und zu planschen, gefolgt von ein paar echt leckeren Steaks, die den Mädels am nächsten Tag, bzw. in der folgenden Nacht noch Probleme bereiten sollten. Noch am selben Abend schleppte Ali uns in die Champs Sportbar in dem Gebäudekomplex der Stellar Lodge. Das war auch ein ungewöhnliches Erlebnis. Die Bar war zur Hälfte gefüllt mit Weißen, die, wie Ali uns erklärte, alle im Ölgeschäft tätig waren, dass hier in Ghana zur Zeit sehr boomt. Im Laufe des Abends kamen auch immer mehr nicht besonders unauffällig gekleidete Damen in die Bar, die versuchten, mit den Herren in Kontakt zu kommen. Wir interessierten uns jedoch eher für die Billardtische, das Spiel zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid, sowie die Auswahl an Essen und Getränken. Ali hatten am Einlass für jeden von uns zehn Cedi bezahlt, die wir nun verzehren durften. So flossen ein paar Getränke, die wir hier in Ghana noch nicht probiert hatten, zudem kamen wir in den unbeschreiblich dekadenten Genuss von Nachos, Kartoffelecken und Pizza. Dazu bekamen wir noch Getränke auf die Kosten des Hauses und hatten somit einen sehr entspannten Abend, der nur durch das unglaubliche Bett noch perfekt abgerundet werden konnte. Sonntagvormittag fuhr Charles uns zurück nach Cape Coast.

Unser leckeres Abendessen

Das ebenso leckere Frühstück

Unsere Buschdurchquerung nach Butre

Butre



Das blaue Boot, "Princess Diana", war unseres

Mangroven


Unser Abend am Pool

Ferienhaus in Butre

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Diese Woche hatten wir dienstags Charols Day, also Weihnachtsfeier, in der Schule. Mittags versasmmelten sich alle Schüler und manche Lehrer in dem Klassenzimmer der vierten Klasse, das mit Girlanden und Gardinen, Plakaten (zwei von mir) und gelben Plastikstühlen geschmückt worden war. Das Programm, angeführt von dem sehr bemühten Mr.Narh, bestand aus neun Vorlesungen aus der Bibel, immer wieder durchsetzt von Gesängen der verschiedenen Stufen. Teilweise einheimische Lieder, aber auch We Wish You A Merry Christmas war mit von der Partie.
Die restliche Woche verlief nicht besonders erfreulich, wobei ich Mittwoch und Freitag Aufsicht bei den Examen hatte, die über die ganze Woche statt fanden. Montag Englisch und Mathe, Mittwoch Science und R.M.E. (Religion and Moral Education), Donnerstag Social Studies und B.D.T. (Basic Design und Technology), Freitag Fante und ICT (Computerunterricht).



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Nächste Woche fahre ich mit Julia nach Jirapa, in den Upper West, um dort Weihnachten und vielleicht auch Sylvester zu verbringen.
Deshalb möchte ich hiermit all meinen Lesern und Leserinnen noch fröhliche Weihnachten wünschen und einen guten Rutsch ins neue Jahr!!!